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Constructed Realities


Faked reality. Die Traumhäuser von Antonino Cardillo Vortrag Teil der Vortragsreihe Constructed Realities der Goethe-Universität im Deutschen Architekturmuseum



Goethe-Universität


Konferenzreihe

Chris Dähne, Frederike Lausch, Bettina Rudhof

Die Elbphilharmonie existiert bereits. Vor nunmehr 12 Jahren wurde sie der Öffentlichkeit in den Hochglanzmagazinen und digitalen Architekturportalen vor Augen geführt und ist daher in unseren Köpfen längst Realität und Teil unseres Bildes der HafenCity von Hamburg geworden. Fraglich ist, ob wir nach ihrer Fertigstellung noch das Bedürfnis verspüren werden, sie in echt zu sehen. Ist das Realitätsverlangen des Publikums durch die visuellen Medien bereits gestillt? Würde uns die Wahrnehmung des Gebauten etwas Neues geben, etwas, was wir begehren?

Ausgehend von jeweils einem Medium der Architekturdisziplin —⁠ dem Modell, der Visualisierung, der Fotografie, der parametrischen Programmierung und den Smart Ambiences —⁠ soll zum einen das komplexe Wechselverhältnis zwischen dem Verständnis von Architektur und ihren medialen Dispositiven thematisiert werden. Zum anderen gilt es den Einfluss dieser medialen Praktiken auf die Wahrnehmung und Auseinandersetzung mit der Realpräsenz des Gebauten zu untersuchen. Warum müssen wir uns noch mit dem Gebäude beschäftigen, wenn wir Entwurfsbeschreibungen und uns dargebotene Darstellungen wesentlich früher betrachten können?

Daher stellt sich die Frage, was mit unserer Konzeption von Architektur unter der Einwirkung bestimmter medialer Praktiken passiert. Wie stark täuschen uns Bilder von Architektur? Oder konstruieren wir uns über die Medien mimetisch unsere Realität und welche Konsequenzen hat das?


  1. VISUALISIERUNG
    Faked Reality. Die Traumhäuser von Antonino Cardillo
    1. Dezember 2015, Deutsches Architekturmuseum
    Einführung: Chris Dähne und Frederike Lausch
    Projektvorstellung: Antonino Cardillo (Architekt Trapani/Italien)
    Gastvortrag: Carolin Höfler (Technische Hochschule Köln)
    Diskussion \ Moderation: Chris Dähne und Frederike Lausch
  2. MODELL
    Von analog zu digital. Entwurfsprozesse bei Frank O. Gehry
    19. Januar 2016, Deutsches Filminstitut/ Filmmuseum
  3. PARAMETRIC ENGINEERING
    Architektur ohne Entwerfer. Programmieren mit Karamba 3D
    3. Februar 2016, Deutsches Architekturmuseum
  4. FOTOGRAFIE
    Gebaute Bilder. Zwischen Architekturdokumentation und Neuerfindung
    16. Februar 2016, Deutsches Architekturmuseum
  5. SMART AMBIENCES
    Konstruierte Realitäten. Verschränkung von virtueller und realer Welt
    1. März 2016, Deutsches Architekturmuseum
Constructed Realities. Faked reality. Die Traumhäuser von Antonino Cardillo

Goethe‑Universität’s Constructed Realities lecture series poster ‘Die Traumhäuser von Antonino Cardillo’ at the Deutschen Architekturmuseum.



Faked reality

Antonino Cardillo

Every story claims to be true. So what do we talk about when we talk about reality? And what do we talk about when we talk about fakes? Is Architecture imagination? Does it have a literary nature? Is it an attempt to understand the invisible? Is Architecture an idea? Or is it just a strategy to support business and developing? So what are we talking about when we talk about Architecture?

Deutsche Architekturmuseum, Frankfurt am Main

Deutsche Architekturmuseum, Frankfurt am Main.


Modelle in Wirklichkeit.
Die digitalen Bildversprechen von Antonino Cardillo

Carolin Höfler

Im Jahr 2010 veröffentlichte das Designmagazin H.O.M.E. einen bildmächtigen Artikel über das House of Convexities des italienischen Architekten Antonino Cardillo in Spanien. Zuvor war Cardillo im Londoner Magazin Wallpaper* zu einem der 30 bedeutendsten jungen Architekten ernannt worden. Er hatte zahlreiche Print- und Internetmedien mit seinen Entwürfen versorgt und dabei den Anschein erweckt, dass seine Bilder physisch gebaute Räume zeigten. In Wirklichkeit handelte es sich jedoch um fotorealistische Computerrenderings ohne Bezug auf ein realisiertes Bauwerk. Der österreichische Journalist Peter Reischer deckte schließlich die Verwechselungen zwischen Bild und Abbild auf.

Vielfach diskutiert wurde die Frage, warum Cardillos Irreführung gelungen war. Als Grund für seinen Erfolg galt vor allem die Sensations- und Profitgier der Medien, die journalistische Präzision und Kontrolle vermissen lassen. Zudem wurde sein Vorgehen als Kritik an der gängigen Architekturpraxis betrachtet, wonach Architekten ohne Bauerfahrung keine Chance hätten, einen Auftrag zu erhalten, weshalb sie zu Täuschungen gezwungen wären. Unterbelichtet blieb hingegen die Frage, warum Cardillos Bilder, die als Renderings leicht erkannt werden können, Fotografien vorgezogen oder gar als Fotografien wahrgenommen wurden.

Eine mögliche Erklärung hierfür wäre, dass die Unterschiede zwischen Bild, Modell und Wirklichkeit in der gegenwärtigen Architekturproduktion zunehmend verschliffen werden. Einerseits gleicht sich die gebaute Wirklichkeit immer stärker der fotorealistischen Ästhetik von Computerbildern an, andererseits trägt die Nachbearbeitung digitaler Fotografien dazu bei, dass diese wie Modellrenderings wirken. Zu einem Überdenken des Verhältnisses von Bild und Bau fordert auch das Aufkommen eines Architekturtyps heraus, der als 'iconic building' beschrieben werden kann. Er zielt auf die Schaffung von vermarktbaren Bildern, die in einem globalen Bildkreislauf erfolgreich zirkulieren und ein Massenpublikum eher emotional als intellektuell ansprechen können. Der Vortrag widmet sich den digitalen Bildern von Cardillo unter der umfassenden Perspektive einer Zusammenschau von Bild, Modell und Wirklichkeit und reflektiert seine Entwürfe als 'global visuals'.

Moonraker and Ellipse 1501 House

Carolin Höfler, ‘Ken Adam’s Moonraker and Antonino Cardillo’s Ellipse 1501 House’, keynote, p. 8.


Referenz